Weil ich gerade zum x-mal (wenn auch erst zum ersten Mal für heute) eines dieser „Wir müssen über Deinen Werbeblocker reden, ey“-Overlays weggeklickt habe: Ja, ich habe Adblocking in meinem Browser – keine Erweiterung wie das durchaus geschätzte uBlock Origin, mein Browser hat sowas gleich eingebaut, und es ist recht wirkungsvoll (danke, Vivaldi!). Aber…
Liebe Kollegen von den Medienseiten, auf denen diese Popups gerne auftauchen, seid doch bitte so ehrlich (bzw. fordert Eure Werbepartner auf, so ehrlich zu sein) (bzw. sind wir doch zur Abwechslung alle mal ehrlich zueinander) und gebt/geben wir zu, dass die Begriffe „Werbeblocker“ bzw. „Adblocker“ die Sache nur teilweise beschreiben. Ja, sie blenden Werbung auf den besuchten Webseiten aus, was angesichts der durchaus unterschiedlichen Qualität dieser Werbung schon ein Segen an sich sein kann. Wovon aber in den Jammernachrichten der Werbetreibenden („Wir müssen über…“ – s.o.) erstaunlich selten, eigentlich nie die Rede ist: Onlinewerbung ist ein sehr beliebtes Mittel, das Surfverhalten der User, also auch meines, zu tracken. Und während ich die Qualität der ausgespielten Werbung oft als Beleidigung mal für den guten Geschmack, mal für die Intelligenz betrachte, ist Tracking ein direkter Angriff auf die Privatsphäre der Menschen, die im Netz unterwegs sind. Und deshalb müssen wir eben nicht über meinen Adblocker reden – der bleibt aktiv!
Was uns zum zweiten Punkt bringt: Der Sinn von Werbung, die den Menschen im Netz buchstäblich aufs Auge gedrückt wird. Ob es nun die Jammer-Overlays aus dem ersten Absatz sind oder die recht direkten Versuche großer Werbefirmen (looking at you, Google…!), Adblocker auf andere Weise loszuwerden, indem man sie z.B. als unsicher brandmarkt und im eigenen Browser deaktiviert – das Ergebnis ist ausgespielte Werbung (und dto. Tracking, s.o.). Ich weiß ja nun nicht, wie es Ihnen geht, aber auf Inhalte, die ich nicht sehen will, die mich nicht betreffen und nicht interessieren, klicke ich auch nicht. Die ausgespielte Werbung ist also zu einem alarmierend großen Prozentsatz verschwendete Zeit, verschwendete Kreativität, verschwendete Bandbreite, verschwendeter Platz im Browserfenster. Nachhaltig geht anders. Und auf Versuche, mir den Quatsch trotzdem und mit aller (Markt-) Macht zu zeigen, reagiere ich extrem allergisch und empfehle das auch allen anderen.
Werbung ist, um mir die Plattheit an dieser Stelle zu erlauben, das zweitälteste Gewerbe der Welt – nach der Landwirtschaft natürlich, was dachten Sie denn? Aber zwischen, sagen wir, großen Werbetafeln an italienischen Landstraßen der sechziger Jahre und „Du musst jetzt meine Werbung gucken, sonst geht das Internet pleite!“-Argumenten liegen Welten der Aufdringlichkeit, aber auch der Wertschätzung der künftigen Kundschaft.
Wäre doch schön, wenn – um beim Beispiel aus dem zweiten Absatz zu bleiben – Medienmacher im Netz ihre Kreativität weniger auf dummsinnige Sprüche verwendeten als auf die Entwicklung weniger aufdringlicher Wege der Finanzierung. Zwangswerbung ist äh-bäh aufdringlich, ebenso wie übrigens – aber das ist eigentlich eine andere Geschichte – Abo-Paywalls. Ich bin nicht der Einzige, der für das Lesen eines einzigen Artikels kein ganzes Abo abschließen möchte. Als Alternative schlagen ich und viele andere Pay-per-view vor, also das einzeln bezahlte und abgerechnete Angucken einzelner Inhalte. Das ist bzw. wäre eine reelle Art, Inhalte zu vermarkten und Werbung zu reduzieren.
Man wird doch noch träumen dürfen…
Diesen Text habe ich etwa vier Stunden geschrieben, bevor ich das hier fand: Der Standard, „Deutschland könnte nach China das zweite Land werden, das Werbeblocker verbietet“.