Hutmacher, D.C.

Der Gesunde Menschenverstand™, nicht nur derzeit leider und völlig zu Unrecht als Begründung/Kronzeuge für allen möglichen Blödsinn herangezogen, besagter G. M. sollte mir eigentlich sagen, dass es nicht gut ist für meine geistige und seelische Gesundheit, nachts aufs Smartphone zu gucken und Nachrichten zu lesen. Ich habe es trotzdem getan, und das habe ich jetzt davon.

Dabei kommt es nicht wirklich überraschend, dass Donald J. Trump, 45. und 47. Präsident der Vereinigten Staaten, seine lauthals angekündigten („Liberation day“, my ass!) Zollpläne in die Tat umsetzt – ebenso wenig überraschend wie die Schlagzeilen, die in dieser Nacht meinen Handybildschirm füllen:

Der US-Trump- und auch Medienkritiker Jeff Jarvis hat den passenden Hashtag bereit: .

Toot von Jeff Jarvis: "CNN Business: the market is operating under 'extreme fear.' At this hour, the implied Nasdaq opening is now -800. For no reason, no reason at all. #TrumCrash" - dazu ein Screenshot von CNN Business mit einer Skala, auf der ein Zeiger auf "Extreme Fear" deutet.
Jeff Jarvis, Meister der Ironie: „No reason, no reason at all“

Der Mann, der noch vor Amtsantritt damit drohte, Diktator werden zu wollen, „aber nur für einen Tag“ (ha, ha), wird in meiner Timeline zunehmend als „Mad King“ bezeichnet (u.a. von Cory Doctorow, um nur einen Namen zu nennen, auch wenn der Begriff gut versteckt ist in seinem langen Text) – und seine Politik legt das nahe. Aus POTUS (President of the United States) wird KOTUS, auch wenn sich der Gag nur schlecht übersetzen lässt. So gut isser sowieso nicht.

Bleibt die Frage: Wie lange wird sich der Verrückte König halten können? Bei seinem Volk dürfte die Nachricht spätestens in den nächsten Tagen ankommen (‚Can’t afford that‘: Car dealer reveals how much your payment may jump under Trump tariffs, Trump Agenda May Lead to Buyer’s Remorse Among His Voters), und es wird auf die Ausdauer und/oder Dickschädeligkeit der MAGA folks ankommen, wie langsam oder schnell sich diese Erkenntnis verbreiten wird. Angesichts der tiefen Spaltung der US-Gesellschaft besteht zu Optimismus wenig Anlass.

Und der Hutmacher aus der Überschrift? Der geht auf den Hutmacher aus „Alice im Wunderland“ zurück. Und zumindest als Hutmacher kann Trump auf Erfolge verweisen – schließlich hat er die knallrote oder neuerdings auch schwarze Mütze zu einem politischen Statement ebenso wie zum Erkennungszeichen seines persönlichen Kultes gemacht. Hut ab, Mr. Trump!

Das Nichtwissen als Machtinstrument

Es gibt diese Tage, an denen man einem Uralt-Kalauer nicht ausweichen kann. Heute ist so ein Tag:

EIn Toot aus eigener Produktion: "Wissen ist Macht. Nichts wissen macht nix. Bzw. ist der direkte Weg in die #autokratie" - dazu ein Link zu einem Alternet-Artikel mit einem Foto eines grinsenden Donald Trump.
Obacht, Opa schreibt schon wieder seinen Namen!

Vor ein paar Stunden verlinkte ich (ich probier’s mal mit einem direkten Link auf den Toot in der Hoffnung, dass er nicht bald wieder gelöscht wird – Einbetten von Mastodon-Toots ist immer noch nur per Plugin möglich.) auf einen Alternet-Artikel, in dem Kritik an der Absicht des Orange Jesus geübt wird, das US-Erziehungsministerium abzuschaffen. Garniert habe ich das mit dem Uraltspruch „Wissen ist Macht. Nichts wissen macht nix.“

Ja, tschuldigung.

Hinter solchen Ideen steckt aber mehr als nur die Absicht, die libs zu ownen und grinsend eine weitere Unterschrift zu filzstifteln. Dahinter steckt die gleiche Absicht wie hinter den Budgetkürzungen für öffentliche Bibliotheken, die Bücherverbrennungen Bücherverbote in Schulen und eben diesen Bibliotheken, den Budgetkürzungen für Bildungsstätten und Bildungsprogramme bis hin zu angedrohten oder wirklichen Rausschmissen (oder Einreiseverboten) für Wissenschaftler.

Das alles spielt nicht nur Trumps Herzenswunsch in die Hände, der Klügste Von Allen™ zu sein und zu bleiben (denn alles ist relativ, sogar Klugheit), und auch nicht (nur) der Wunsch der angeblichen Konservativen, das Wahlvolk so doof wie möglich zu halten, sondern auch die inzwischen offizielle Politik der MAGA-USA, wonach industrielle Produktion, Bergbau und ähnliche Tätigkeiten aus den letzten Jahrhunderten wichtiger, profitabler, männlicher und vor allem amerikanischer sind als solche neumodischen Dinge wie Forschung und Wissenschaft.

Eigentlich müsste das auch denen aufgefallen sein, die mit solch neumodischen Dingen reich geworden sind (looking at you, Microsoft, Google, Apple, Amazon et al.!) und sich trotzdem an den Bauunternehmer Bankrotteur der Hölle ranschmeißen wie nichts Gutes. Vielleicht tun sie es ja in der Hoffnung, The Donald doch noch davon überzeugen zu können, dass Wissen und Wissenschaft etwas Gutes sind und auf jeden Fall zukunftsweisender als ölbefeuerte Blechschlangen auf Autobahnen und Kohlekraftwerken in der Landschaft.

Wenn sie sich da mal nicht täuschen.

Nachtrag: Mit der Meinung, dass das Nichtwissen der einen die Macht der anderen sichert, stehe ich nicht alleine (hätte mich, ehrlich gesagt, auch gewundert). Robert Reich schreibt, ebenfalls für Alternet:

Ignorance is the handmaiden of tyranny.

[…]

Make no mistake: Trump’s attack on the American mind — on education, science, libraries, and museums — is an attack on the capacity of Americans for self-government.

It is coming from the oligarchs of the techno-state who believe democracy is inefficient, and want to replace it with an authoritarian regime replete with technologies they control.

What’s behind Trump’s attack on the American mind?
K reloaded