Vom Zettel zum Kasten

Kolophon, sort of: Dieser Text entsteht nach der (konventionellen) Methode, wie ich sie mein gesamtes Berufsleben über angewandt habe. Ideen werden im Kopf formuliert, Informationen dazu werden irgendwo notiert, und das fertige Produkt entsteht im eingebauten (Markdown-)Editor des hier verwendeten CMS. So geht’s auch, aber das Ziel ist ja ein anderes.

In der vergangenen Woche war eine Menge an Dingen los, die mich auf meiner Forschungsreise nach Pandocien nicht weitergebracht haben. Dazu gehörte unter anderem eine recht intensive Arbeitswoche, die mich des Werktagabends eher ausgelaugt zurückgelassen hat. Dazu gehört aber auch eine Erweiterung des hier eingesetzten eFuhrparks – weil es geht™. Und natürlich müssen solche neu hinzugekommenen Maschinen erst einmal eingerichtet und… Sie wissen schon.

Der Nachbar aus Neukölln schrieb zwischendurch eine ermutigende Mail mit weiteren Links und Infos, stänkerte kritisierte darin ein wenig an Typora herum, das (wir erinnern uns: Bestandteil eines ersten, sehr rudimentären Schreibworkflows) zwar elegant und mächtig sei, aber eben proprietäre Software, mit der die Macher auf der Basis von open source-Software Geld verdienen, verlor ein paar lobende Worte über mein derzeitiges Notizentool Joplin und verwies mich dann neben anderen auch an den Markdown-Editor und Ideenprozessor Zettlr (und appellierte dabei an meinen Bonner Lokalpatriotismus – von dem ich nicht wusste, dass ich ihn nach fünf Jahren in der Stadt schon hatte -, indem er darauf verwies, dass Zettlr von einem Bonner Sozialwissenschaftler in Bonn entwickelt wurde).

Alles sehr schön, aber nach der Einrichtung der technischen Basis für meine künftige Arbeitsweise war es jetzt wieder Zeit, über die Methodik zu lernen und nachzudenken (s. Überschr.). Startpunkt dabei war Introduction to the Zettelkasten Method, ein Artikel, auf den ich schon früher verlinkt hatte. Darin ist – wenig überraschend – viel von dem Soziologen Niklas Luhman die Rede und davon, wie er seine Erfindung, den “Zettelkasten“ (klar, warum nicht auch dazu noch ein Wikipedialink?), zur Grundlage seiner Autorentätigkeit machte.

A.a.O. (wenn wir schon sozialwissenschaftliche Methoden kennenlernen, dürfen wir wohl auch dort übliche Abkürzungen verwenden, näch?) fand ich “the most important traits of a Zettelkasten”:

  1. It’s hyper-textual.
  2. It adheres to the Principle of Atomicity.
  3. It is personal.

OK. Punkt Nr. 1 sollte, im Jahr 30 nach der Einführung der Hypertext Markup Language und der nachfolgenden allgemeinen Gewöhnung an das Prinzip des Hypertextes selbstverständlich sein (zu Luhmanns Zeiten natürlich noch nicht). Punkt 3 – in meinem Fall auch akzeptabel, weil ich meinen künftigen Zettelkasten ja für mich und allein führen möchte; muss ich vorläufig auch nicht drüber nachdenken.

Punkt 2 dagegen – das ist interessant, denn in meiner bisherigen Notizenführung kam das nicht vor. Nochmal ein Zitat vom angegebenen Ort:

…each Zettel only contains one unit of knowledge and one only. These units are the atoms to which the principle of atomicity refers. To figure out what the atoms are, it helps when we ask ourselves what we want the molecules that we create from our note atoms to look like. What are the units that have their own address? The answer is: One thought.

Dieser Gedanke enthält aber auch noch eine andere Anforderung an einen funktionierenden Zettelkasten, die ich bisher in einer, sagen wir: stark verbesserungswürdigen Art umgesetzt habe: “One thought” kommt in meinen Materialsammlungen viel zu selten vor; stattdessen finden sich in den Notizen, seit ich sie digital führe, vor allem Links zu Quellen – und die auch noch gar nicht oder nur schlecht mit tags versehen. Sprich: Mein Zettelkasten ist eigentlich nur eine glorifizierte Linkliste – und damit verschenkt.

Sozial- und andere Wissenschaftler dürfen mitleidig lächeln. Aber ich will ja, wenn auch spät im Leben, noch was lernen – und systematische Wissensarbeit, finde ich, ist ein lohnendes Ziel.

Die nächsten Etappenziele sind also:

  1. Die bisherig gesammelten Informationen (soviele sind es ja noch nicht – die Forschungsreise hat ja gerade erst begonnen) auf Atomicity prüfen.
  2. Links (also im Grunde alle Notizen) durch inhaltliche Bits mit Quellenlinks und Tags ersetzen.
  3. Ein sinnvoll einsetzbares Tool dafür finden.

Das wird noch spannend – aller Hinweise des Nachbarn aus N. zum Trotz. Denn er hat Anforderungen, die ich (bis jetzt) nicht habe: Er besteht zum Beispiel auf einer funktionierenden Versionierung über Git. Dafür habe ich Anforderungen, die er nicht hat: Ich möchte ein Tool, das auf allen Geräten meines eFuhrparks funktioniert und sich über alle Geräte synchronisiert. Da bin ich bisher bei dem schon mehrfach erwähnten Joplin hängengeblieben, das sich aber für meinen Geschmack zu sehr an Notizbüchern und zu wenig an einer universellen Verknüpfung von Ideen orientiert.

But hey, that’s just me. Oder ich hab’ da noch nicht alles verstanden.

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