Vroom-vroom

Ich heiße Erwin, bin 500.000 Jahre alt und – nein. Ich heiße nicht Erwin, hatte aber mal einen Kater mit diesem Namen; ich bin wie Erwin Lindemann 66 Jahre alt, und an dem Lottogewinn arbeite ich noch.

Worauf ich hinaus will: Vor bald 49 Jahren, im August, wurde ich 18, zwei Tage später bekam ich meinen Führerschein, was für mich wie für alle anderen damals ein Symbol der Freiheit war, und meldete mein erstes Auto an, einen gebrauchten Opel Kadett. Zehn Wochen später lag der neben einer Straße im Schwarzwald auf dem Dach, und damit begann eine lange Reihe von fünf Gebraucht-, zwei Vorführ- und sieben Neuwagen, daneben noch ein sehr gebrauchtes und ein neues Motorrad. Von 1976 bis 2012 war ich eigenmotorisiert, bis bei einer Trennung der letzte Wagen (im Bild zu Beginn der letzten gemeinsamen Urlaubsreise) bei ihr blieb und ich merkte (nach all den Jahren!), dass ich als Single eigentlich gar kein Auto brauchte.

Ein SUV mit Berliner Kennzeichen wird auf einer nächtlichen Straße in München auf einen Abschleppwagen des ADAC gehoben.
Land Rover wird Air Rover: Auto in der Schwebe

Zum Glück habe ich vergessen/verdrängt, wieviel ich in diesen 36 Jahren für den Erwerb dieses mittleren Fuhrparks, für die Versicherungen, den Service und sonstige Reparaturen ausgegeben habe. Eine (niedrige) sechsstellige Eurosumme wird es schon gewesen sein. Seit 2013 fahre ich mit dem ÖPNV oder auch, soweit nötig, mit Miet- oder Carsharing-Autos – und bin für erheblich weniger Geld immer noch (fast) so mobil, wie ich es brauche.

Meine Tochter – auch schon 28 Jahre alt – und viele ihrer Altersgenossen haben ein anderes Verhältnis zur Mobilität. Als ich ihr nach dem Abitur anbot, einen Zuschuss zum Führerschein zu leisten, guckte sie mich mitleidig an und lehnte ab. Einen Führerschein brauche sie nicht – und hat bis heute keinen. Es kann sein, dass sie das, im Nordosten Berlins wohnend und tief im Süden der Stadt arbeitend, anläßlich des einen oder anderen ver.di-Warnstreiks heimlich bereut – aber was sind schon so ein paar Warnstreiks in zehn Jahren?

Vielleicht ist es ja der neidvolle Blick auf eine nachfolgende Generation, die lieber im Bus aufs Smartphone guckt, als sich Sorgen um das Fortkommen in benzin- oder dieselgeschwängerter Eigenverantwortung zu machen, die es den Dieseldieters und Porschechristians so schwer macht, sich auf die Verkehrswende einzulassen? Vielleicht wollen sie sich partout nicht eingestehen, jahre- oder jahrzehntelang viel zu viel Geld ausgegeben zu haben, nur weil das alle so gemacht haben, weil nur das wahre Freiheit bedeutet? Vielleicht bestehen sie auf ihren Dieselprivilegien, weil auch das Elektrofahren Geld kostet, und angesichts der Preispolitik der Hersteller sogar mehr? Oder sind sie einfach nur vernagelt, die Dieseldieters und Porschechristians?

Fukengrüven.