Am Anfang…

…war und ist der Browser. Im Browser lässt sich ein Großteil unserer Online-Aktivitäten erledigen. Das geht oft nicht ganz so leicht und elegant wie mit spezialisierten Apps; dafür ist der Browser für die meisten Anwendungsfälle, von der (Web-)Mail bis zur etwas hakeligen Dateiverwaltung in der Cloud das Schweizer Taschenmesser unter den Apps. Es hatte seinen Grund, dass es um den vorinstallierten oder eben nicht vorinstallierten, aber von den Kunden herunterladbaren Browser ganze Kriege gab. Und noch heute gehen uns Betriebssysteme regelmäßig mit der Frage auf den Wecker, ob wir nicht vielleicht doch diesen oder jenen anderen Browser herunterladen…? Nein? Wirklich nicht?

Lange Vorrede, kurze Empfehlung: Auch wenn wir die geografische Herkunft eines Browsers (USA pfui, Europa gut – ganz ehrlich: was ist das denn für eine Argumentation? Vor vier Monaten hätte ich mich dafür noch in Grund und Boden usw.) außen vor lassen, bleiben uns nur eine halbe Handvoll Browser, wenn wir auf die Sicherheit unserer Daten und unseres Verhaltens im Netz wert legen.

Google Chrome kommt da nicht in Frage, ebenso wenig wie Microsoft Edge. Beide Browser leben erklärtermaßen davon, das Verhalten ihrer Nutzer zu erforschen und zu verwerten. Brave legt zwar Wert auf den Datenschutz, schleppt aber gleichzeitig für meinen Geschmack zu viel Kryptoscheiß mit sich herum. Opera gehört zum großen Teil einem chinesischen Konzern mit gutem Draht zur Regierung. Und Firefox, lange der Browser der Herzen, macht gerade seine Reputation kaputt und behält sich das Recht vor, Nutzerdaten nun doch in der einen oder anderen Form zu verwerten.

Safari gibt sich ebenso datenschutzbewußt wie der ganze Apple-Konzern (was man glauben kann oder auch nicht) und bietet u.a. an, die IP-Adresse der Nutzer zu verbergen – gegen Geld für ein iCloud-Plus-Abo. Und das ganze gibt es natürlich nur auf Geräten von Apple.

Kommen wir zu den Empfehlungen: Vivaldi basiert zwar wie die allermeisten Browser auf dem Open-Source-Projekt Chromium, aber das können sich Leute, die was davon verstehen, immerhin im Quelltext angucken. Außerdem blockiert es Trackingskripte und -cookies, was z.B. beim Nachladen von Spionagepixeln in Webmail eine Hilfe sein kann. Er kommt aus Norwegen und Finnland, und solange Trump die beiden Länder nicht kaufen will… Darüber hinaus hat es eine eigene Community, einen eigenen Fediverse-Server, und der Vivaldi-Chefdirigent Jon Stephenson von Tetzchner verspricht hoch und heilig, keinen KI-Kram in den Browser einzubauen.

Eine weitere Empfehlung ist Librewolf, ein, wenn man so will, entflohtes und wohlerzogenes Kind von Firefox für die, die mit Chromium wirklich nichts zu tun haben wollen. Und dann gibt es noch Mullvad, ebenfalls ein europäisches Chromium-Kind, das von einem VPN-Anbieter in Umlauf gebracht wird. Über beide kann ich nicht viel sagen, weil mir Vivaldi als täglicher Browser vollauf genügt – unter MacOS, iOS, Linux, auch unter Windows und Android.

Hashtag UnplugTrump

Ich will ja nicht angeben mit meiner Weitsicht, aber es war am 8. November 2024, drei Tage nach der US-Wahl und dem Bruch der Ampel (OK, weniger wichtig), als ich anfing, meine zweite Heimat (1996-2003) auch mit meinen Daten zu verlassen. Mail zu einem deutschen Anbieter, Kontaktlisten/Adressbücher weg von Google und Apple, Google Photos leergeräumt etc. Was sich seit dem zweiten Amtsantritt des Orange Jesus getan hat, hat mich in diesem Entschluss nur bestätigt. Und wenn ich in meinen Mastodon-Feed gucke (entwickelt in Europa, gehostet in Bonn!), das einzige soziale Netzwerk, das ich derzeit regelmäßig begucke und bespiele, sehe ich immer wieder unter dem #UnplugTrump Tipps und Berichte von anderen Menschen, die das gleiche tun.

Toot von @mtklein@norden.social: "Schaut mal bei #unplugtrump vorbei - man muss ja nicht direkt alles ändern, aber es gibt dort gute Inspirationen, das Richtige zu tun."
Beispielhafter Toot von mtklein (nicht verwandt, nicht verschwägert)

Mal von einem Feld abgesehen, wo es wirklich schwierig wird, sich dem Einfluss US-amerikanischer Tech-Bros zu entziehen (mobile Betriebssysteme!), finden sich tatsächlich genügen Alternativen für Deutschland Angebote für Menschen, die ihre Daten jetzt doch lieber europäisieren wollen. Dabei ist nicht ganz so einfach, 1:1-Ersatz für die gewohnte Google-Apple-Microsoft-Umgebung zu finden: bei der einen EU-Alternative fehlt die wichtige oder auch nur liebgewonnene Funktion, die andere kann wiederum das nicht, und dass das Ganze nicht automatisch gratis daherkommt, muss der Mensch auch erst einmal verdauen. Auch wenn es nicht auf Dauer blogfüllend ist, werde ich in den folgenden Tagen, Wochen und vor allem Einträgen einige meiner Empfehlungen aufzeigen – incl. Vor- und Nachteilen.

Andere sind da schon weiter. Schon mehrfach wurde mir European Alternatives ans Herz gelegt, und gerade eben stolpere ich über Don Dahlmanns EU Alternativen zu US-Cloud Diensten. Beide Listen bilden nicht 1:1 meine Vorschläge und Entscheidungen ab. Müssen sie aber auch nicht.

Das alles ist nicht nur eine Sache für das stille Kämmerlein. Gerade eben, so zwischen dem ersten Absatz dieses Textes und dem Screenshot, habe ich noch meine Schwester am Telefon davon überzeugt, ihre Standardsuchmaschine von DuckDuckGo auf Startpage zu ändern. DDG gehört zwar eher zu den Guten – aber sie sitzen eben nicht in der EU. Und die Suchergebnisse waren auch schon mal besser.

K reloaded